Der Weihnachtsbaum

Der Weihnachtsbaum

Im Winterwald, ganz nah an einer Lichtung

da zeigt dem Weihnachtsmann ein Schild die Richtung.

Hier muss er mit dem Schlitten links abbiegen.

Drum lenkt er hurtig seine Schlittenziegen

vom Lichte fort und tiefer in den Wald,

der dicht und dichter wird. Doch ein lichter Spalt

kündet schon vom anvisierten Reiseziel.

Sogleich trotten die Ziegen auch verstärkt agil

dem lockend lichten Lichterspalt entgegen.

Denn dort in einer Tannenschonung hegen

und pflegen zweiundzwanzigtausend Zwerge

dreitausend schneeweiße Schneewittchensärge,

die allesamt schon weihnachtlich geschmückt.

In einem davon liegt ganz frisch gepflückt

ein Weihnachtsbaum mit sieben krummen Ästen.

Dran stehn mit feierlich bestickten Westen

drei Uraltzwerge; finster ist ihr Blick

gerichtet auf des Tannenstammes Knick,

unwürdig eines Weihnachtsbaumes Wuchs.

Schon rückt der Festtermin des Festumzugs

heran, doch wiedermal ist's nicht vollbracht.

Kein Baum zu finden, der zur Weihnachtsnacht

gerade steht wie eine Eins am Umzugsziel,

der hübsche Zweige hat, doch nicht zu viel.

Ach je, wo ist er bloß, der Inbegriff der Tanne.

"Ja, früher," sagt der Weihnachtsmann, "als die Savanne,

noch nadelgrün betannt und blickdicht befichtet war!

Ein Zeuge aus jener Epoche berichtet gar

von Tannen so edel, so üppig und schön!

Ganz anders als jene aus Eifel und Rhön,

die halbnackt und frierend sich krümmen im Wald,

wo Wurzel an Stein sich statt Erdboden krallt."

"Doch auch heute gibt es noch geheime Bereiche,

da begradigen sie Dir die Weihnachtsbaumleiche

im Sarg, Weihnachtsmann", weiß ein Zwerg zu berichten.

Und schließlich, zu Füßen von mageren Fichten

beginnt sie nun endlich, die Sargprozession.

Ganz vorne mit Schlitten als Art Postillon

d'arbre, als Zweig-Stellen-Stamm-Halter und Ast-Rologe,

gefolgt von einer schier unglaublichen Woge

lauthals singender Wanderzwerge,

zieht nun der Weihnachtsmann über die Berge

mit seinem Bäumchen im Särgchen davon.

Zurück bleibt alleine ein Zwerg namens Ron.

Der steht winkend zuletzt an des Waldes Saum

und summt leise das Lied vom oh Tannenbaum.

Hm hmhmhm, hm hmhmhm...

© Fey & Genähr

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