Der hartherzige Eistänzer

Der hartherzige Eistänzer

Es lebte einst ein Mann auf Kufen.

Der hörte das fröhliche Rufen

der Tänzerin an seiner Seite:

"Schaut wie ich gleite! Schaut wie ich gleite!"

Da hat sie der Mann in der Kurve geschubst.

Er sagte zwar, er hätt sie leicht nur gestupst,

doch sie kam ins Schlingern und quiekte vor Schreck:

"Oh welch herzloser, steinharter Bodycheck

streckt mich danieder auf eisigen Grund

Ja, bist du denn, Tänzer, noch geistig gesund?

Da lieg ich nun fröstelnd. Ach, helf mir doch auf!"

Doch er lies sich nicht bremsen im Eiskunstlauf.

Kein Quieken konnte das Herz ihm erweichen.

Es schien, er schlittschuhte selbst über Leichen.

Da seufzte sie erstmal dramatisch ein "Ach!"

Er konterte cool mit einem: "Komm mach

Dir doch nicht gleich ins Eistanzkostümchen.

Schade wär’s doch um die kitschigen Blümchen,

die du dir so mühselig aufgenäht hast."

Da hat sie ihm eins mit dem Schlittschuh verpasst,

denn ihr Eistanzkostüm nähten indische Kinder.

Deren Vater war ein zahnloser, blinder

und tauber Mann ohne Arme und Beine.

Da war es soweit, dass dem Eistänzer eine

Träne der Rührung auf die Schlittschuhbahn tropfte,

derweilen die Tänzerin ihr Blumenkleid stopfte.

So standen und saßen sie sinnend beisammen.

Der Eistänzer fror, und er rieb sich die klammen

Finger und scharrte im Eis mit den Kufen.

Dann fühlt’ er erneut sich zum Sticheln berufen

und sagte: "Steh auf, du, sonst frierst du noch fest,

wie die einsame Träne, die ich genäßt

auf das Eis, als mein Herz mir erweichte

nach deiner indischen Blumenkleidbeichte."

Dieser Spruch nun erzürnte die Tänzerin sehr.

Also lies sie sich Zeit, dachte hin, dachte her.

Dann verspottete sie sein Paillettenhemd

und hätte es gerne ihm angeflämmt.

Doch sie riss sich zusammen trotz Kummer und Schmerz,

und schenkte ihr Herz einem Bauern im März.

© Fey & Genähr

Seitenanfang